Was für ein Buch! Was für ein LEBEN!
Uma, die Heldin dieses Buches, lässt alles hinter sich, um ins Unbekannte aufzubrechen. Dabei gerät sie in die tiefste Krise ihres Lebens. Risikobereit und immer dicht am Puls ihres eigenen Lebens, setzt sie noch einmal alles auf eine Karte. Der Stimme ihres Herzens folgend verlässt sie ihren sanften, sie stets unterstützenden Ehemann Sebastian und beginnt eine Liebesbeziehung mit dem feurigen, aber schwierigen Vimal. Sie trennt sich auch von ihrem geliebten indischen Meister Mahindra und wendet sich Osho zu, jenem legendären Mystiker. Obwohl er schon vor vielen Jahren seinen Körper verlassen hat, spürt Uma, dass sie eine alte, nie gelebte Liebesbeziehung miteinander verbindet. Damit allerdings entfesselt sie eine Lawine, die sie in die größte Sinn- und Glaubenskrise ihres Lebens stürzt. War es falsch, der Stimme ihres Herzens zu folgen? Wird sie bestraft für ihre Radikalität? Uma ringt mit Kräften, die sie zu vernichten drohen. Ihre Prüfung führt sie nach Poona, nach Nordindien und nach China zum Tempel der Kuan Yin, der buddhistischen Göttin des Mitgefühls.
»Das Leben ist nur möglich, wenn du fähig bist, wild zu sein –
wild in deiner Liebe, wild in deinem Gesang, wild in deinem Tanz.«
OSHO
Als moderne Nomadin bereist Satsanga Sabine Korte die gesamte Welt, gibt Seminare, leitet Meditationen und schreibt Bücher, die bereits zu Klassikern der Frauenliteratur über Selbstwertgefühl und innere Schönheit geworden sind.
Die vorliegende Dokumentation ist das Zeugnis einer Wahrheitssuche, die grenzenlosen Mut macht.
INHALT
Das Versprechen
Aufbruch 1
Aufbruch 2
Aufbruch 3
Aufbruch 4
Innehalten 1
Innehalten 2
Stillsein 1
Stillsein 2
Sterben 1
Sterben 2
Sterben 3
Bardo Zwischenzustand
Neugeburt
Anhang:
Satsangas Weg
Über die Autorin
Osho im Original
Weitere Literaturhinweise
DAS VERSPRECHEN
Es war ihr letzter Aufenthalt in dem kleinen Seminarzentrum in Taiwan. Jeder ihrer insgesamt fünf Aufenthalte in diesem Land, und speziell in diesem Zentrum, hatte Uma auf besondere Art und Weise geprüft. Doch dieses Mal war sie über eine Grenze gegangen. Sie fühlte sich gefährdet, wie jemand, der zu weit aufs Meer hinausgefahren ist und dort, von Stürmen umtobt, mutterseelenallein gegen meterhohe Wellen kämpft. Ihr seelischer Aufruhr übertraf alles, was sie glaubte, ertragen zu können. Wie eine Ertrinkende an einer Planke hielt sie an einigen heilsamen Gewohnheiten fest, die sie durch einen Großteil ihres Lebens begleitet und ihr immer wieder Halt gegeben hatten. Sie schrieb ständig Tagebuch, meditierte und praktizierte jeden Tag Yoga. Dies waren ihre Retter, nun mehr denn je.
An einem Tag, an dem eine besonders hohe Welle über sie hinwegschwappte, lag sie auf dem Fußboden ihres mit chinesischer Ästhetik eingerichteten Apartments. An beiden Hausseiten der Wohnung befanden sich Baustellen, und an diesem Tag erhöhte noch ein Pressluftbohrer im eigenen Haus das Inferno, das in den frühen Morgenstunden begann und sich erst spät am Abend legte. Sie hatte den Eindruck, innerlich und äußerlich in eine Hölle geraten zu sein. Ihre innere Hölle war hausgemacht, das war klar, und möglicherweise war der äußere Lärm nur ein Spiegel ihres Inneren. Aber keine noch so intelligente Analyse machte die Situation erträglicher für sie. Sie tanzte auf Rasierklingen.
Mechanisch zwang sie ihren Körper, die bekannten Yoga-Übungen auszuführen, aber immer wieder sank sie apathisch auf die Matte zurück und starrte ins Leere. Während sie so auf dem Fußboden lag, wünschte sie sich aus tiefstem Herzen, etwas von jemandem zu hören oder zu lesen, der auch an diesen Punkt gekommen war. Der ebenso weit wie sie aufs Meer hinausgesegelt war, der sich ebenso allein und gefährdet gefühlt hatte und der nun Zeugnis ablegte von seiner Zeit da draußen. Sie rieb sich auf an den Zitaten erleuchteter Meister und Weiser. Alles, was sie sagten, war wahr aber wie kam Uma, die Schiffbrüchige, dort hin?
Ihre Meister hatten den Quantensprung geschafft. Sie hatten es vollbracht, aber zwischen ihnen und ihr schien es keine Brücke zu geben. In diesen einsamen Stunden versprach sie sich selbst und gleichzeitig dem ganzen Universum, dass sie eines Tages Zeugnis ablegen würde von ihrer Reise. Aber erst, wenn sie gerettet war. Wenn sie wieder Boden unter den Füßen hatte. Wenn sie die Sonne wieder sehen konnte vielleicht nicht erleuchtet, sicher noch kein Meister, aber doch ein bisschen weiser. Ein Seebär, der die dunkle Nacht der Seele kennt, dessen Mitgefühl und Menschenliebe gewachsen sind unter dem Gewicht des eigenen Leids.
Und hier ist Umas Geschichte. Der Bericht einer Schiffbrüchigen. Ich, die Erzählerin ihrer Geschichte, spiele keine weitere Rolle und habe lediglich die Aufgabe, alles, was geschehen ist, so getreu wie möglich wiederzugeben.
Uma wünscht, dass diese Zeilen für all jene geschrieben werden, welche die dunklen Stunden kennen die sich verirrt haben, die glauben, nicht mehr auf dem Weg zu sein und das Vertrauen verloren haben. Aber auch für jene, die bereits dort waren oder vielleicht eines Tages die Fahrt aufnehmen werden dorthin. Denn der Weg zur Selbsterkenntnis, zum Erwachen im Göttlichen ist ein gefährlicher Weg. Wer dies bestreitet oder nicht glaubt, hat ihn noch nicht beschritten. Der Weg ins Licht führt auch durch die Dunkelheit, durch die Verwirrung, durch den Zweifel und die inneren Höllen.
Seit jener Reise, sagt Uma, ist tief in ihrem Inneren etwas ver-rückt, im wahrsten Sinne des Wortes. Was ihr früher so wichtig war, hat heute keinerlei Bedeutung mehr. Alles, was jetzt noch zählt, meint Uma, lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Sie möchte tanzen. Tanzen mit Gott.
Sie war nie besonders gut darin, sich von ihren männlichen Tanzpartnern führen zu lassen. Sie wollte immer selbst bestimmen, wo es lang geht. Doch nun übt sie sich darin, das Universum, die göttliche Kraft, führen zu lassen. Manchmal meutert sie. Aber im Großen und Ganzen ist sie eine sehr wache und gelehrige Schülerin. Sie weiß, dass Gott sie liebt und ihr Zeit gibt, denn in der Zeitlosigkeit allen Seins gibt es davon jede Menge.
Auf gewisse Art und Weise, auch wenn das niemand hören möchte, hat Gott Umas Willen gebrochen, so wie man einem Wildpferd den Willen brechen muss, bevor man ihm einen Sattel aufsetzen kann. Vorher ließ es sich nicht lenken. Jetzt erst können die beiden mit ihrer endlosen Beziehung beginnen, Gott und Uma, Uma und Gott, mit ihrer Liebesgeschichte, ihrem Ritt, ihrem Tanz und Flug durch alle Lüfte, alle Universen und auch durch die dunklen Tunnel hinein ins Licht und weiter in die Unendlichkeit.
AUFBRUCH 3
(...) Im Mai kehrte Vimal, der in Taiwan gearbeitet hatte, nach Europa zurück und verbrachte einige Tage bei seinen Eltern in Genf, bevor er und Uma sich für ein wenig gemeinsame Zeit in ein Landhaus in der französischen Provence verkrochen. Es war aufregend, zum ersten Mal in einem Haus zusammen zu leben, Spaziergänge zu unternehmen, zu kochen und französischen Käse zu essen und sich auf dem Holztisch in der Küche vor dem offenen Kaminfeuer Massagen und Cranio-Sacral-Behandlungen zu geben.
Eines Morgens überreichte Vimal ihr ein dunkelviolettes, abgewetztes Samttäschchen, in dem sich ein stabförmiger Stein befand. Er meinte, er habe den Stein auf dem Dachboden seiner Eltern in einer Kiste mit Sachen aus dem Resort gefunden und sie möge ihn doch auf ihren kleinen Altar zu Hause legen. Auf ihrem Altar stand eine cremefarbene Christusstatue aus Plastik, die ihr sehr viel bedeutete. Christus hing nicht am Kreuz, sondern ging aufrecht, mit weit ausgebreitenden Armen wie eine Einladung seiner Liebe an Uma. Der Meister hatte ihr die Figur zu ihrem Geburtstag geschenkt. Auch Sebastian erhielt eine dieser Statuen, die allerdings sorgsam eingepackt auf dem Dachboden verschwand. Oft drapierte Uma Rosenquarz aus Indien oder Rosenblätter um ihren Christus herum. Sie wollte Vimal nicht enttäuschen und war willens, sein Geschenk der Christusstatue zu Füßen zu legen, doch insgeheim konnte sie an dem Stein nichts finden, was ihre Begeisterung erweckte.
Gegen Ende einer Zeit voller Prüfungen mit Mahindra in Indien hatte Uma bei ihrem Schneider in Goa, der neben Stoffen und Kissenüberzügen auch einige Halbedelsteine verkaufte, einen ungewöhnlich schönen, grünblauen Labradorit gefunden und ihn sich als Anhänger für eine goldene Halskette einfassen lassen. Sie wusste, dass sie eine schwierige Hürde genommen, einen Berggipfel in ihrer inneren Entwicklung erklommen hatte, und betrachtete diese Kette als eine Art himmlisches Verdienstkreuz, dessen wahre Bedeutung nur Gott und Uma kannten. Oft sprachen Menschen in ihren Seminaren oder Vorträgen sie auf den Stein und seine starke Ausstrahlung an. Zuweilen versuchten Seminarteilnehmerinnen in Goa, sich eine ähnliche Kette machen zu lassen, denn man fand immer wieder einen besonderen Labradorit in Indien. Uma ließ sie gewähren. Aber in ihrem Inneren spürte sie, dass man sich eine solche Kette nicht machen lassen kann. Man musste sie sich verdienen. Doch je mehr sie sich Osho annäherte, umso seltener begann sie ihre Kette zu tragen, ohne die sie zuvor nie das Haus verlassen hatte. Immer öfter ließ Uma sie liegen liebevoll eingebettet in ein indisches Holzkästchen , zusammen mit ihrem irischen Ehering, der ebenfalls eine ungewöhnliche Geschichte besaß.
Unschlüssig betrachtete sie den Stein, den Vimal ihr gerade geschenkt hatte, auf ihrer Handfläche. Er schien aus Mamor zu sein, und seine Form erinnerte ein wenig an einen Tampon. Sie nahm an, dass es sich um einen Halbedelstein handelte. Höflich bedankte sie sich, doch ohne Enthusiasmus. »Ich dachte, du wüsstest ein wenig von Oshos Spirit in deinem Schlafzimmer zu schätzen«, sagte Vimal. Umas Herz begann zu klopfen. »Wie meinst du das? Was ist das denn für ein Stein?« »Es ist Osho-Mamor.« Nach Oshos Tod, so erklärte ihr Vimal, hatte man die Umfassung seines Bettes aus Mamor zerschlagen und, weil man annahm, dass sich die hohe Schwingung des Meisters in den Stein übertragen hatte, begonnen, die Stücke zu polieren und später als Schmuck zu verkaufen. Eine der Schmuckverkäuferinnen war Vimals ehemalige Freundin Kendra gewesen, und so war er in den Besitz dieses Stückes gekommen, dass aufgrund seiner etwas seltsamen Form nie verarbeitet worden war.
Uma hielt den stabförmigen kleinen Stein an ihr Herz gepresst und begann haltlos zu weinen. Sie hatte Osho lediglich um ein Foto gebeten, und hier schickte er ihr ein Stück Mamor von seinem Bett. »Das ist meine Mala«, flüsterte Uma unter Tränen. »Sobald ich ins Resort komme, lasse ich den Stein einfassen und zu einer Kette machen.« Der Meister hatte ihr eine Mala geschenkt, und er musste nicht einmal in seinem Körper sein, um sie Uma zukommen zu lassen.
In Indien war eine Mala eine schlichte Kette aus kleinen Sandelholzkugeln, die zum Rezitieren von Mantras benutzt wurden, ähnlich wie in der katholischen Kirche der Rosenkranz. Viele Gurus gaben ihren Schülern eine Mala als sichtbares Zeichen dafür, dass sie nun seine Schüler, sogenannte Sannyasins, waren. Vimals Mala aus den Siebzigerjahren war eine beeindruckend große und schwere Holzkette mit einem Anhänger, in dem sich ein Bild Oshos befand. Damals hängte Osho seinen Schülern noch selbst die Mala um den Hals und gab ihnen im Rahmen einer kleinen Zeremonie einen neuen Namen. Später verfügte Osho, die Malas abzunehmen aber all das war Vergangenheit und besaß für Uma, die ihn um ein Zeichen gebeten hatte, keinerlei Bedeutung. (...)