INHALT
TEIL EINS • GESCHICHTEN AUS FRÜHEREN LEBEN
1 Chase und Sarah
»Sag mir, was du siehst ...« • Der Vorfall am Unabhängigkeitstag • Chase sieht Krieg • Puppen unter dem Bett • Neue Informationen tauchen auf • »Hühner laufen frei herum.« • Die Schalen der Zwiebel
2 Vorspiel
»In meinem Ende liegt mein Anfang ... bewusst zu sein heißt, nicht in der Zeit zu sein.« • Meine Beerdigung • »Am ruhenden Punkt der sich drehenden Welt ...« • Der Mensch hinter dem bemerkenswerten Talent • Zerbrochene Träume und verschwundene Jahre • »Ich bin mehr als mein Körper.« • »Nur durch Zeit wird die Zeit besiegt.«
3 Überlegungen auf dem Spielplatz
Was können sie uns erzählen? • Viele neue Ideen • »Ein gefährliches Gebiet«
4 Der Augenblick des Todes
Unerledigte Angelegenheiten sind die treibende Kraft hinter den Erinnerungen • Dr. Helen Wambach, angesehene Psychologin • Die Geschichte von der vierzinkigen Gabel • Die Todeserfahrung in der menschlichen Geschichte • Hinweise auf eine therapeutische Wirkung • Dr. Fiores Entdeckung • Erinnerungen an frühere Tode • Dr. Roger Woolger: Die Suche nach Seele und Geist • Klare Heilerfolge • Eine Vielzahl von Problemen • Warum so viel Tragik? • Den Rahmen der Psychologie erweitern • Der Augenblick des Todes • Der Augenblick des Todes in der Therapie
5 Trance ist einfach
Die äußere Welt zurücklassen • »Ich hasse das Lager.« • Sarah, die Herrscherin • Schmutzige Zehen • Eine aufregende Woche • Zweifache spontane Erinnerung
6 Professor Ian Stevenson
Gerüchte von einer Goldmine • »Wer überlebt den körperlichen Tod?« • Der Reinkarnations•Detektiv • Swarnlatas Geschichte • Frühere Leben und heutiges Verhalten • Ravi Shankar erkennt seine Mörder • Muttermale und angeborene Missbildungen • Credo • Es kommt nicht auf die Beweise an • Muster, die sich aus der Datenmenge herauskristallisieren • Ein natürliches Phänomen
7 Wenn Kinder sich an frühere Leben erinnern
Jede Mutter hätte das tun können • Noch mehr kleine Zeitreisende • Die Blumenleute • Kinder erinnern sich an ihren Tod • Die Ninja•Nacht • Englische Knirpse erinnern sich ... • ... und ihre Mamis hören zu • Geschichten aus dem Kinderbett • Nicolas Katharsis • Eltern vervollständigen das Puzzle • Abenteuer bei der Tagung • Tineke Noordegraaf • Schmetterlinge und Oprah
8 Blake
Lebenserfahrene Seelen in kleinen Körpern • Der Schritt an die Öffentlichkeit • Tiius Liia • »Mann hat mich mit Lastwagen überfahren.« • »Ich liebe dich, dann hasse ich dich.« • Eine plötzliche Erkenntnis • »Wir haben unseren Blake zurück.«
9 Auf nach Chicago!
Ein Energiestrahl • Mein Plan gegen die Angst • Blitzschlag und Eis • Im falschen Ordner abgelegt • Arbeit rund um die Uhr • Namen und Daten • Chicago wartet! • Gezeichnete Erinnerungen • Verschneiter Empfang • Erinnerung an einen früheren Auftritt • Auf Sendung mit inspirierenden Ideen • Das alte Paradigma der Psychologie wird verteidigt • Das war erst der Anfang
TEIL ZWEI • WENN KINDER SICH AN FRÜHERE LEBEN ERINNERN
EIN PRAKTISCHER RATGEBER FÜR ELTERN
10 Die vier Erkennungsmerkmale
Erkennungsmerkmal 1: sachlicher, ruhiger Tonfall • Erkennungsmerkmal 2: keine inhaltlichen Widersprüche bei wiederholtem Erzählen • Erkennungsmerkmal 3: Wissen, das über die gegenwärtige Lebenserfahrung des Kindes hinausgeht • Silberne Zähne • Justin • Der kleine rote Wagen • Courtney • Erkennungsmerkmal 4: zu dem früheren Leben in Bezug stehende Verhaltensweisen und Charakterzüge • Tommy, der Seemann • John van Dyk
11 Auslöser
Orte als Erinnerungsauslöser • Pierce Hall • Der Zustand des Kindes • Der Bewusstseinszustand der Mutter • Sandy • Telepathie zwischen Mutter und Kind • Elona, Anna und Seth
12 Was Eltern tun können
Bewahren Sie Ruhe • Erkennen Sie an, was das Kind sagt • Hören Sie sehr genau zu • Fakten und Gefühle erkennen und richtig bewerten • Sagiv (1. Teil) • Unerlöste Themen und Bedürfnisse erkennen • Die Eltern sind nicht an allem schuld • Emotionen zulassen • Sagiv (2. Teil) • Unterscheiden Sie zwischen Vergangenheit und Gegenwart • Natalie • Wenn die Erinnerungen sich allmählich entfalten • Machen Sie sich Notizen • Noch einmal John van Dyk
13 Träume aus der Vergangenheit
Wenn Träume von früheren Leben handeln • Traumsignale • 1. Lebendigkeit und Realismus • 2. Wiederholung • 3. Rollenwechsel • Heilsame Albträume • Mary und die Bomben • Albträume wörtlich nehmen • Dana Grabiner • Zähneknirschen eine Erfolgsgeschichte • Telepathie zwischen Mutter und Kind in Träumen • Dr. Gladys McGarey
TEIL DREI • WAS DIE KINDER UNS ZU SAGEN HABEN
14 Erwachsene und ihre Religion
Reinkarnation als reales Phänomen • Eine allgemein verbreitete spirituelle Vorstellung • Dogma und menschliche Wahrheit • Victoria Bragg und das Neue Testament • Das Buch des Glanzes • »Ja, Gott existiert!«
15 Der Tod ist ein neuer Anfang
Wenn ein Kind stirbt • Die Macht des Gebetes • Jennifer und Gillian Pollack • Rückkehr in die Familie • Randy Swiger
16 Was die Kinder uns zu sagen haben
Die Kinder mit anderen Augen sehen • Anfängergeist • »Eine klare, fest gefügte Weltsicht« • Chase und Sarah
Danksagung
Anmerkungen
Bibliografie
Über die Autorin
AUS KAPITEL EINS: DER VORFALL AM UNABHÄNGIGKEITSTAG
Jedes Jahr feierten wir den Unabhängigkeitstag mit einer großen Party in unserem Haus, das nur wenige Schritte von jenem Ort entfernt lag, wo man in Asheville den besten Blick auf das Feuerwerk der Stadt hatte. Unsere Freunde und ihre kleinen Kinder versammelten sich zu einem Nachmittag des Picknickens und Feierns in unserem Garten. Der Höhepunkt der Party war jedes Mal ein gemeinsamer Spaziergang den Hügel hinunter zum gemeindeeigenen Golfplatz, um von dort das großartige Feuerwerk zu verfolgen.
Als die Sonne hinter die Bäume sank, wussten wir, dass es an der Zeit war, die Kinder zusammenzurufen und uns auf den Marsch den Hügel hinunter vorzubereiten. Ich schnappte mir Chase, als er an mir vorbeirannte, wusch ihm Kuchen und Eiskrem aus dem Gesicht und zwang ein sauberes Hemd über seinen zappelnden Körper. Mit Decken und Taschenlampen ausgerüstet, schlossen wir uns dem Zug der Menschen an, die auf unserer Straße hinunter zum Golfplatz strömten.
Chase zerrte hüpfend an meinen Arm. Die älteren Mädchen, darunter Sarah, meine neunjährige Tochter, bildeten ihre eigene kichernde Prozession. Wir erreichten unseren bevorzugten Aussichtspunkt gerade, als die Sonne in der Ferne hinter den Blue Ridge Mountains unterging, und breiteten auf einem strategisch günstigen Hang unsere Decken aus.
Von dort beobachteten wir, wie die neun Fairways unterhalb sich mit Menschen füllten. Bald sah man überall Decken und Liegestühle. Als der Himmel dunkler wurde, zündeten die Jungen und Männer Kracher an und ließen Leuchtkugeln steigen, so dass das Tal sich mit Blitzen, Knallerei und Rauch füllte. Unsere Kinder winkten mit Wunderkerzen, zeichneten leuchtende Kreise und Zickzackspuren in die Dämmerung; Leuchtkäfer tanzten und signalisierten blinkend ihre Zustimmung.
Chase, vollgepumpt mit Aufregung und Zucker, rannte mit seinen Freunden den Hügel hinauf und hinunter, bis ihm schließlich die Puste ausging und er sich erschöpft in meinen Schoß fallen ließ.
Plötzlich hallten die kanonenartigen Donnerschläge, die den Beginn des Feuerwerks ankündigten, von den Hügeln wider. Der Himmel leuchtete auf und füllte sich mit krachend zerplatzenden Sternen. Die Menge begleitete die leuchtend bunten Farbkaskaden am schwarzen Himmel mit lauten Ooohs und Aaahs. In so großer Nähe die Schüsse und Detonationen zu hören steigerte die aufregende Intensität der Show.
Doch statt sich zu freuen, fing Chase an zu weinen. »Was ist los?«, fragte ich. Er konnte nicht antworten; er wimmerte nur noch heftiger und lauter. In dem Glauben, er sei ganz einfach völlig übermüdet und von dem Lärm überrascht worden, drückte ich ihn an mich. Aber sein Weinen wurde stärker und verzweifelter. Auch nach Minuten beruhigte er sich nicht wieder, sondern seine Hysterie verschlimmerte sich immer mehr. Ich wusste, dass ich ihn nach Hause bringen musste, weg von dem Lärm und Trubel. Ich sagte Steve, meinem Mann, dass ich mit Chase vorausgehen würde.
Die kurze Strecke nach Hause kam mir sehr lang vor. Chase schluchzte so heftig, dass er nicht laufen konnte; ich musste ihn den ganzen Weg den Hügel hinauf tragen. Doch selbst, als wir zu Hause eintrafen, weinte er immer noch. Ich hielt ihn in einem Schaukelstuhl auf der Veranda auf dem Schoß, in der Hoffnung, er würde sich wieder beruhigen. Als sein Weinen so weit nachgelassen hatte, dass ich ihn fragen konnte, ob er krank sei oder sich wehgetan habe, schluchzte er nur und schüttelte den Kopf. Als ich ihn fragte, ob der Lärm ihn erschreckt hätte, weinte er sofort wieder heftiger.
Ich konnte nichts weiter tun, als ihn in den Armen zu wiegen, während ich die lautlose Flugschau der Leuchtkäfer in unserem Garten beobachtete. Chase beruhigte sich allmählich wieder und kuschelte sich an mich. Schließlich, als meine Arme zu steif wurden, um ihn noch länger zu halten, schlief er ein, und ich brachte ihn ins Bett.
Chases ungewöhnliches Verhalten erschien mir rätselhaft. Nie zuvor in seinem kurzen Leben hatte er so lange oder heftig geweint. Und nie zuvor hatte er sich vor einem Feuerwerk gefürchtet. Der ganze Vorfall schien ungewöhnlich zu sein, denn Chase war ansonsten alles andere als ängstlich. Ich machte mir damals jedoch keine weiteren Gedanken mehr, sondern sagte mir, dass er vermutlich lediglich von dem langen Tag erschöpft gewesen war oder vielleicht zu viele Süßigkeiten gegessen hatte solche Dinge kommen bei Kindern schließlich hin und wieder vor.
Doch einen Monat später geschah es erneut. An einem heißen Augusttag 1988 luden uns Freunde zu einem Kühlung verschaffenden Besuch im Hallenbad ihres Wohnortes ein. Chase liebt das Wasser und konnte es kaum erwarten, ins Becken zu springen. Als wir jedoch in den Badebereich kamen wo Gejohle, Platschen und das Geräusch des Sprungbretts die große Halle erfüllten , fing er hysterisch zu weinen an. Heulend und kreischend klammerte er sich mit beiden Händen an meinen Arm und zerrte mich zur Tür. Beruhigend auf ihn einzureden war vergeblich; er zerrte nur noch fester. Ich gab auf und ging mit ihm nach draußen.
Wir fanden einen Stuhl im Schatten. Ich hielt Chase im Arm und fragte ihn, was ihn so beunruhige. Er konnte es mir nicht sagen, aber er war ganz offensichtlich tief verstört. Etwas jagte ihm große Angst ein. Schließlich beruhigte er sich, aber selbst als er zu weinen aufgehört hatte, konnte ich ihn nicht dazu überreden, wieder in die Schwimmhalle zurückzugehen.
Ich dachte an den Vorfall am Vierten Juli. Das von den Hügeln widerhallende Donnern des Feuerwerks hatte seinen ersten hysterischen Anfall ausgelöst. Mir wurde klar, dass der Lärm des Sprungbrettes, der von den kahlen Wänden der Schwimmhalle zurückgeworfen wurde, ähnlich klang. Ich fragte Chase, ob er Angst vor lauten Geräuschen hätte. Er nickte schüchtern, mochte aber immer noch nicht in die Nähe des Schwimmbeckens gehen.
Das war es also donnernde, krachende Geräusche! Aber warum fürchtete sich Chase plötzlich so davor? Ich erinnerte mich nicht, dass ihm je irgendetwas zugestoßen war, das eine so heftige Reaktion auf derartige Geräusche hätte erklären können. Und nun war es innerhalb eines Monats schon zum zweiten Mal geschehen. Seine Furcht schien aus dem Nichts gekommen zu sein. Würde das in Zukunft öfter geschehen, jedes Mal wenn Chase ein lautes Geräusch hörte? Ich begann, mir Sorgen zu machen! Daraus konnte ein ernstes Problem entstehen, besonders wenn ich nicht in der Nähe war, um ihn zu trösten, wenn er das nächste Mal hysterisch wurde. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, außer abwarten und hoffen, dass seine mysteriöse Angst wieder verschwinden würde, wenn er größer wurde.
Ein paar Wochen später hatten wir das Glück, Norman Inge bei uns zu Gast zu haben, einen wundervollen Menschen und erfahrenen Hypnotherapeuten. Norman wohnte bei uns, während er in Asheville Workshops durchführte, die sich mit Rückführungen in frühere Leben befassten. Er gab Privatsitzungen für einige meiner Freundinnen. Wir begannen gerade damit, uns mit diesen Rückführungen zu beschäftigen, wobei Norman als unser Lehrer fungierte.
Eines Nachmittags saßen Norman, Chase, Sarah und ich bei Tee und Gebäck um den Küchentisch herum und lachten über die Geschichten, die Norman uns erzählte. Dabei erinnerte ich mich an Chases irrationale Angst vor lauten Geräuschen und erkundigte mich nach Normans Meinung dazu. Er hörte sich meine Geschichte an und fragte dann, ob Chase und ich zu einem Experiment bereit wären. Obgleich ich nicht genau wusste, was Norman beabsichtigte, vertraute ich ihm und wusste, er würde einfühlsam genug sein, um meinen kleinen Sohn nicht zu überfordern. Und da Chase so begierig wie ich selbst darauf war, dieses Problem zu lösen, stimmten wir beide einem Versuch zu.
Bis zu diesem Moment war ich nie auf den Gedanken gekommen, dass sich auch Kinder an frühere Leben erinnern könnten. Norman begann gleich, noch während wir am Küchentisch saßen und dieser Augenblick wurde, wie ich erst später begriff, zu einem Wendepunkt in meinem Leben.
AUS KAPITEL SIEBEN: NICOLAS KATHARSIS
Nicolas Geschichte faszinierte mich ganz besonders, weil es sich um einen Fall handelt, bei dem eine Katharsis und Heilung beschrieben wird.
An ihrem zweiten Geburtstag bekam Nicola von ihren Eltern einen kleinen Spielzeughund geschenkt. Sie wurde ganz aufgeregt und sagte ihrer Mutter, er erinnere sie an ihren Hund Muff, den sie »früher gehabt hätte«. Kathleen, Nicolas Mutter, fand diese Phantasie ihrer Tochter amüsant, vergaß den Vorfall aber bald wieder. Doch in den folgenden Tagen fiel ihr auf, dass Nicola sich häufig mit ihrem Spielzeughund unterhielt und ihn fragte, ob er sich erinnerte, wie viel Spaß sie früher zusammen gehabt hätten. Kathleen erschien es sehr ungewöhnlich, dass Nicola so lange an dieser »Fantasie« festhielt.
Eines Tages fragte Nicola ihre Mutter ganz unvermittelt, warum sie diesmal kein Junge sei wie damals, als Mrs. Benson ihre Mami gewesen wäre und sie mit Muff gespielt hätte. Als Kathleen daraufhin Nicola ermunterte, ihr mehr zu erzählen, sprudelte die Erinnerung an das frühere Leben geradezu aus ihrer Tochter heraus.
Sie sagte, ihre Familie hätte in einem grauen Steinhaus gewohnt, das sich »in der Mitte von vier dicht an dicht in einer Reihe stehenden Häusern« befunden hätte, nahe bei einer Bahnlinie. Ihre Mutter trug lange Röcke im gleichen viktorianischen Stil wie die Kleider von Nicolas Puppe. Sie hätten in Haworth gelebt; sie hätte mit ihrem Hund die Felder in der Nähe des Hauses durchstreift, und ihre »andere Mami« hätte sie immer gewarnt, nicht in der Nähe der Bahnlinie zu spielen. Dennoch hätte sie eines Tages auf den Gleisen gespielt. Plötzlich, sagte sie, »kam ein Zug ganz schnell heran und überfuhr mich«. Männer brachten sie ins Krankenhaus. Dort, erzählte sie, »schlief ich ein und starb, und ich sah Gott im Himmel, ehe ich geboren wurde. Aber ich starb nicht wirklich. Stattdessen kam ich zu dir und du bist jetzt meine andere Mami.«
Die Geschichte klang so überzeugend, dass Kathleen mit der kleinen Nicola in das nicht weit entfernte Haworth fuhr, um zu sehen, ob ihre Tochter dort etwas wiedererkennen würde. Weder Nicola noch Kathleen waren je in Haworth gewesen, doch sobald sie dort eintrafen, sprang Nicola durch Straßen und unbeschilderte Wege und führte ihre Mutter zum Stadtrand, bis sie vor dem Haus standen, das sie zuvor beschrieben hatte: ein Haus in der Mitte von vier aneinandergebauten grauen Stein¬häusern. Alles entsprach genau Nicolas Beschreibung, einschließlich der in der Nähe liegenden Felder und der Bahnlinie.
Kathleen überprüfte die Reinkarnationserinnerung ihrer Tochter. Da Nicola einen Namen und eine Adresse angegeben hatte, beschloss sie, im örtlichen Kirchenregister nachzuschauen. Als sie die vergilbten Blätter des alten Gemeinderegisters durchblätterte, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Sie fand dort die Familie Benson aufgelistet (ein in jener Gemeinde seltener Name). Sie hatten einen Sohn, der 1875 geboren war. Doch beim nächsten Zensus, sechs Jahre später, war dieselbe Familie Benson mit zwei kleinen Mädchen im Alter von drei Jahren und von sechs Monaten registriert der Sohn war nicht mehr eingetragen! Da in dem Register stets alle Familienmitglieder vermerkt wurden, schloss Kathleen, dass der kleine Junge, an den Nicola sich erinnerte, im Alter von fünf bis sechs Jahren gestorben sein musste.
Nicolas spontane Erinnerungen konnten also von ihrer Mutter verifiziert werden. Aber ihre Geschichte geht über das Erinnern nachprüfbarer Einzelheiten hinaus.
Eines Abends, kurz nach ihrem Ausflug nach Haworth, saß Nicolas Familie vor dem Fernseher und schaute sich einen Film an. Ein Zug kam ins Bild, der auf den Gleisen herandonnerte. Sofort wurde Nicola hysterisch, warf sich auf den Boden, strampelte heftig und schnappte nach Luft. Kathleen rannte zu ihrer Tochter, die immer wieder rief: »Der Zug! Der Zug!« Kathleen schaltete den Fernseher aus. Sofort hörte Nicola auf zu schreien, weinte aber noch immer. Kathleen begriff, dass der Anblick des Zuges Nicola an ihren früheren Tod erinnert haben musste. Nicola erlebte diesen schrecklichen Tod erneut. Da sie verstand, was geschah, ließ Kathleen sie sich einfach in ihren Armen ausweinen, ohne ihr die Angst vor dem Zug auszureden. Nach einer Weile beruhigte sich Nicola wieder völlig.
Danach hatte Nicola nie wieder Angst vor Zügen. Im Alter von fünf Jahren erinnerte sie sich kaum noch an ihr Leben als Junge der Bensons mit einer Ausnahme. Ihren damaligen Hund Muff vergaß sie nie.
Nicolas Fall war außergewöhnlich, weil der ganze Vorgang spontan und natürlich ablief. Er vollzog sich in seinem eigenen Rhythmus, ohne Intervention von außen. Solche Heilungsprozesse fanden bei Ian Stevenson keine Erwähnung. Und auch Peter und Mary Harrison gingen auf die heilende Wirkung der Erinnerungen weder bei diesem noch bei den anderen von ihnen beschriebenen Fällen ein. Sie übersahen ganz offensichtlich das, was mir an Nicolas Fall am bemerkenswertesten erschien. Warum? Seit Chase und Sarah bei mir in der Küche Norman Inge begegnet waren, hatte ich mich bemüht, die einzelnen Stücke des Puzzles kindlicher Reinkarnations¬¬erinnerungen zusammenzusetzen. Diese Geschichte Nicolas, diese Idee, dass spontane Erinnerungen auf natürliche Weise heilsam sein können, war das letzte Stück, das mir noch gefehlt hatte, um das Puzzle zu vervollständigen. Jetzt fügten sich alle Teile zusammen und ergaben einen Sinn. Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete bewundernd das fertige Bild. Es sah folgendermaßen aus:
Jedes Kind, überall auf der Welt, kann sich an frühere Leben erinnern, unabhängig von den kulturellen und religiösen Vorstellungen der Eltern. Die meisten dieser Erinnerungen verursachen keine Probleme. Sie sind gutartig und helfen, die Talente, das Temperament und bestimmte Eigenarten im Verhalten des Kindes zu erklären. Und, wie die Harrisons gezeigt haben, können sie den Glauben der Eltern bezüglich Tod und Leben für immer verändern. Denn indem kleine Kinder uns ihre Erinnerungen mitteilen, lehren sie uns Erwachsene etwas, das wir vergessen haben: Das Leben endet nicht mit dem Tod.
Manchmal haben Kinder jedoch beunruhigende Erinnerungen, die Probleme verursachen können, etwa Phobien oder körperliche Beschwerden. Diese Kinder brauchen unter Umständen Hilfe, um einen Trennstrich zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart zu ziehen: Man muss ihnen die Erkenntnis vermitteln, dass das frühere Leben vorüber ist. Deutet die Erinnerung darauf hin, dass ein Problem aus der Vergangenheit ungelöst ist, benötigen die Kinder möglicherweise Hilfestellung dabei, dieses Problem zu ergründen und abschließend zu klären. Sie müssen erneut zu ihren Gedanken und Gefühlen im Moment des Todes geführt werden, um eine Aussöhnung mit diesem Erlebnis zu ermöglichen.
Bei manchen Kindern ist es sogar noch einfacher. Ich vermute, dass es bei manchen Fällen genügt, wenn die Eltern einfach die Wahrheit der Erinnerung anerkennen und sie dem Kind nicht auszureden versuchen. Dann kann diese Episode im Leben des Kindes ihren ganz natürlichen Verlauf nehmen, wie es Nicolas Fall sehr anschaulich zeigt.
Ganz gleich, ob die Erinnerungen gutartig oder belastend sind, sie bieten den Eltern eine Gelegenheit, ihren Kindern zu helfen. Der beste Zeitpunkt, die Reinkarnationserinnerung eines Kindes zu akzeptieren, ist jener Moment, wenn sie zum ersten Mal auftaucht, wobei die Eltern fast immer zugegen sind. Sie sind es, die mit ihrer liebevollen Unterstützung das Kind ermutigen können. Doch sie können ihm nur helfen, wenn sie eine Erinnerung an ein früheres Leben tatsächlich anerkennen. Wenn sie darauf mit ablehnendem Unglauben reagieren, ist das nicht möglich. Die Chance bleibt ungenutzt, oder das Kind wird so entmutigt, dass die Erinnerung vielleicht nie wieder an die Oberfläche kommt.